Der Beruf Gärtner/in Garten und Landschaftsbau in der Stadt Schaffhausen schafft nicht nur Raum, sondern lässt auch Raum. Raum zur Entfaltung von Natur im Kontext mit den Bedürfnissen der Stadt und deren Bewohner, Raum für Artenvielfalt und einheimische Pflanzen und Kleinstrukturen. Raum aber auch für die Gärtnerinnen und Gärtner des Garten- und Landschaftsbaus von Grün Schaffhausen, ihre Expertise im Einsatz für Deine unmittelbare Umwelt einzubringen. Warum das keine Selbstverständlichkeit darstellt und was die Arbeit im Freien alles mit sich bringt, erfahren wir im Gespräch mit Patrick Enderli, Eidg.Dipl. Gärtnermeister und Leiter Grünanlagen West von Grün SH und seinem Lernenden im dritten Lehrjahr Lucas Brütsch.
Herr Enderli, wir alle haben eine Vorstellung ihrer Tätigkeit. Was macht denn nun ein Gärtner mit Fachrichtung Garten Landschaftsbau bei der Stadt Schaffhausen wirklich?
Patrick Enderli: Oftmals wird unser Beruf romantisiert im Hinblick auf aktuelle ökologische Forderungen. Tatsächlich ist der Landschaftsgärtner im Spannungsfeld des Kunden und Planer ausgesetzt und muss Pläne und Wünsche ausführen. Die Kreativität wird durch das stark eingeschränkt. Bei uns ist das ein bisschen anders, unser Kunde ist der Bürger. Aktuell ist die Grüne Welle extrem. Und wir von Grün SH begrüssen dies sehr, denn bei uns hat eine ökologische Pflege schon eine lange Tradition. Grundsätzlich Ist die grösste Aufgabe von Grün Schaffhausen Grünflächen vor kompletten Versiegelung und Überbauungen zu schützen. Wir setzen uns tagtäglich für den Erhalt und die Weiterentwicklung des Grüns ein.
Wieso denn nicht – es klingt doch schon so «grün»?
Patrick Enderli: Wir achten darauf, mit möglichst ökologischen Massnahmen, der Förderung von einheimischen Pflanzen und Kleinstrukturen die Biodiversität in die Stadt zurück zu holen. Das hat natürlich auch mit unserer Vorbildfunktion im Rahmen ihres öffentlichen Auftrages zu tun. Man darf nicht vergessen, dass der Beruf Gärtner/in Garten und Landschaftsbau im Normalfall eine Auftragsarbeit ist. Privatkunden haben oftmals eine sehr klare Vorstellung wie ihr Garten auszusehen hat und welche Pflanzen sie sich darin wünschen. Da hat man als Auftragsnehmer oft weniger Möglichkeiten, sich einzubringen. Das ist sicherlich etwas vom Ersten, von dem unsere Lernenden im Vergleich zu ihren Schulkollegen aus der Privatwirtschaft profitieren können.
Lucas würdest Du dem beipflichten?
Lucas Brütsch: Ja schon. Die Arbeit für Privatkunden wird schon immer wieder mal thematisiert unter meinen Schulkollegen. Da kann ich mich wirklich kaum beklagen. Ich durfte auch schon selber Projekte umsetzen und meine Kreativität einbringen.
Um was für Projekte handelte es sich denn da?
Lucas Brütsch: Unter anderem durfte ich im Fäsenstaub-Park für die Vögel Wildhecken pflanzen und Kleinstrukturen wie Benjeshecken schaffen. Dann konnte ich noch die Pflästerung im Engeweiher weitgehend selbstständig machen.
Wow! Das sind ja tolle Möglichkeiten, die Du bei der Stadt wahrnehmen konntest. Ich nehme allerdings nicht an, dass man das bereits im ersten Lehrjahr erwarten kann. Wie gestaltet sich denn das erste Lehrjahr?
Lucas Brütsch: Im ersten Lehrjahr habe ich vor allem viel über Grünflächenpflege gelernt. Im Sommer handelt es sich dabei insbesondere um Rasenansähen und Rabattenpflege. Im Winter fokussiert man mehr auf Gehölzschnitte wie zum Beispiel den Obstbaumschnitt oder die Jungbaumpflege. Der Landschaftsbau kommt erst ab dem zweiten Lehrjahr dazu.
Patrick Enderli: Im ersten Lehrjahr steht vor allem Pflanzenkenntnis und Biologie im Zentrum. Diese Vertiefung stellt sicherlich eine Grundlage dar, die ab Tag eins geschult werden muss. Pflanzenkenntnis ist das a und o der Gärtner Ausbildung.
Lucas, was hat Dich besonders gereizt an der Ausbildung im Garten und Landschaftsbau?
Lucas Brütsch: Da ich selber auf dem Land auf einem Bauernhof aufgewachsen bin, war für mich die Arbeit im Freien eine grosse Motivation. Ausserdem interessiere ich mich auch stark für einheimische Pflanzen. Zu lernen, welche Pflanze für was wichtig ist und wie man diese sinnvoll einsetzen und nutzen kann. Was es sonst noch alles so für Pflanzen gibt und wie man diese entsprechend pflegt.
Was würdest Du denn sagen sind die wertvollsten Erfahrungen, die Du aus Deiner Lehre bei Grün Schaffhausen mitnimmst?
Lucas Brütsch: Bei der Stadt habe ich vor allem gelernt, was der ökologische Umgang mit der Natur wirklich bedeutet. Gerade im Hinblick auf Biodiversität, Obstbaum schneiden und Plätze bauen kann ich da einiges mitnehmen, was ich auch später bei der Übernahme unseres Familienbauernhofs anwenden möchte. Je länger je mehr würde ich diesen gerne in einen Bio-Bauernbetrieb umwandeln. Da war die Vertiefung der aktuellen ökologischen Forderungen natürlich sehr wertvoll. Es wird schliesslich auch bei der Landwirtschaft wieder mehr auf Magerwiesen und Wildhecken geachtet zur Förderung der Biodiversität nebst reiner Feldbewirtschaftung. Die Biodiversität ist schliesslich auch gut für die Felder, da sie viele Nützlinge auf natürliche Weise mit sich bringt.
Das klingt nach dem Idealfall bei der Auswahl der passenden Berufsbildung.
Herr Enderli, es gibt ja auch junge Leute mit anderem Hintergrund. Was legen Sie diesen, am Beruf Interessierten besonders nahe?
Patrick Enderli: Ein zentraler Aspekt ist einfach, sich bewusst zu machen, was die Arbeit im Freien bei Wind und Wetter wirklich bedeutet. Klar haben wir gute Ausrüstung und Arbeitskleider, die uns allesamt zur Verfügung gestellt werden, dennoch ist es ein rechter Unterschied, wenn man frisch von der Schulbank kommt. Das ist einer der Gründe, warum ich allen Interessierten empfehle, zwei Wochen bei uns zu schnuppern.
Wie wird sich der Beruf als Gärtner/in Garten und Landschaftsbau bei der Stadt noch entwickeln? Was lässt sich heute bereits sagen?
Patrick Enderli: Die Grünflächen in einer Stadt werden immer wertvoller. Sie verbessern das Stadtklima. Bäume und Grünflächen helfen, in den heissen Sommermonaten die hohen Temperaturen bedeutend zu senken. Wichtig ist, den Bäumen möglichst viel Wurzelfläche zu geben, damit diese sich gut entwickeln können.
Im Privatgarten wie auch in den öffentlichen Grünflächen, gibt man naturnahen Entwicklungen wieder viel mehr Platz. Die Bevölkerung kommt immer mehr weg von den gepützelten und geschniegelten Gärten und interessiert sich immer mehr für die wertvollen Ökologischen zusammenhänge. Heute sind Kleinstrukturen, wie beispielsweise ein Holzhaufen, eine Wildhecke oder Laubhaufen für Kleintiere wie Igel, Blindschleichen und Frösche etc. Man könnte sagen, der Mensch akzeptiert das geordnete Chaos immer mehr, was dem Ziel im Einklang mit und nicht gegen die Natur zu leben, ganz sicher zuträglich ist.